Georg Gerhäuser, Präsident der Bayerischen Baugewerbeverbände, zeichnete im Oskar von Miller Forum in München exzellente Bachelor- und Masterarbeiten im Fach Bauingenieurwesen aus. Sechsunddreißig Absolventen von acht bayerischen Hochschulen haben sich beworben. Ein Wettbewerbsausschuss mit zehn Mitgliedern, paritätisch besetzt mit Vertretern der Wissenschaft und Lehre sowie aus dem Baugewerbe hat über die Preisvergabe entschieden. Die Bewerber hatten zu ihrer Arbeit mit Anhängen zusätzlich eine Zusammenfassung und ein Poster eingereicht. Ausgezeichnet wurden fünfzehn Arbeiten, die eine hohe wissenschaftliche Qualität haben, in allen Darstellungsformaten verständlich und gut nachvollziehbar verfasst waren und für das Baugewerbe eine besondere thematische Relevanz haben. Die Zusammenfassung der ausgezeichneten Arbeiten sind in einem Tagungsband veröffentlicht worden, die für angehende Nachwuchswissenschaftler ihre erste wissenschaftliche Veröffentlichung bedeutet. Drei Arbeiten wurden darüber hinaus mit einem Geldpreis ausgezeichnet.
Mit dem 1. Preis und einem Geldbetrag von 3.000,- Euro wurde Herr Josef Eichinger für seine Masterarbeit „Untersuchung der Klima(wandel)performanz von Mehrfamilienhäusern“ an der Technischen Universität München ausgezeichnet. Herr Eichinger wird für seine hervorragende wissenschaftliche Arbeit zu der Fragestellung, wie sich der Klimawandel auf das thermische Wohlbefinden und den energetischen Aufwand für Heizen und Kühlen in den nächsten Jahrzehnten auswirken wird, ausgezeichnet. Auf der Grundlage eines intensiven Quellenstudiums mit wissenschaftlich präziser Auswertung sowie eine Recherche zu zahlreichen internationalen Forschungen sowie Modellrechnungen an einem modernen Hybridneubau und einem über 100 Jahre alten einfachen Mietshaus in Ziegelbauweise hat er die Auswirkungen mit eindrucksvollen Grafiken dargestellt. Aus Sicht des Bayerischen Baugewerbes bietet die Arbeit zahlreiche interessante Anknüpfungspunkte auch für die Diskussion um zukünftige Neubaubauweisen und Ausrichtung des Gebäudeenergiegesetzes.
Den 2. Preis und einen Geldbetrag von 2.000,- Euro erhielt Lena Huber für ihre Bachelorarbeit „Interaktion von calcinierten Tonen und Fließmitteln im Frischbeton“. Zementersatzstoffe sind für das Erreichen der Klimaziele von besonderer Bedeutung. Mit calcinierten Tonen lassen sich die notwendigen Festbetoneigenschaften erreichen. Noch nicht ausreichend erforscht ist die Frage der Verarbeitbarkeit des Flüssigbetons. In ihrer Bachelorarbeit an der Universität der Bundeswehr München befasste sich Frau Huber mit der Interaktion von calcinierten Tonen und Fließmitteln im Frischbeton. Dabei stellte sie verschiedene Kombination an Betonmischungen mit unterschiedlichen calcinierten Tonen und Bindemitteln zusammen. Die Substitutionsrate des Klinkeranteils betrug dabei 30 %. Die Verarbeitbarkeit, Konsistenzhaltung und Viskosität wurde mittels rheologischer Messungen und Ausbreitmaß bewertet. Der Einsatz von Illit-haltigen calcinierten Tonen zeigt dabei eine geringere Konsistenzhaltung. Zudem liefert Ihre Arbeit wertvolle Erkenntnisse zur Übertragbarkeit der Eigenschaften von Zementleim auf Frischbeton, die über den aktuellen Stand der Literatur hinausgehen. Ihre Arbeit zeichnet sich durch eine sorgfältige Versuchsdurchführung, hohe methodische Präzision und ein tiefes Verständnis für die komplexen Wechselwirkungen zwischen Materialeigenschaften und Frischbetonverhalten aus.
Den 3. Preis und einen Geldbetrag von 1.000,- Euro erhielt Frau Annika Karl für ihre Bachelorarbeit „Experimentelle Untersuchungen zur Schubtragfähigkeit von Lehmsteinmauerwerk“. Lehmsteinmauerwerk, eine uralte Bautechnik, die in Vergessenheit geraten war, erfährt eine Renaissance. Die großen Vorteile von Lehmsteinmauerwerk sind der niedrige CO2-Fußabdruck und eine Reihe guter bauphysikalischer Eigenschaften. Ein wichtiger Meilenstein war die Normung von tragendem Lehmsteinmauerwerk vor zwei Jahren. Für die baugewerblichen Betriebe kann Lehmsteinmauerwerk ein Betätigungsfeld mit Wachstumspotential werden. Frau Karl hat im Rahmen ihrer Bachelorarbeit Schubtragfähigkeitsversuche begleitet und ausgewertet. Da sich die Tragfähigkeitswerte beim Lehmsteinmauerwerk in Abhängigkeit vom Feuchtegehalt der Steine verändern, muss bei den Versuchen für ein gleichbleibendes Klima gesorgt werden. Ihre Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Schubtragfähigkeitsbeiwerte um 40 % höher liegen als auf Grundlage der Norm anzunehmen sind. Außerdem hat sich gezeigt, dass die Versagensankündigung beim Lehmsteinmauerwerk frühzeitig und gut erkennbar ist, die Versagensrisse verlaufen sowohl durch Steine, Lagerfugen und Stoßfugen.
Die Veranstaltung begann mit einem Fachkolloquium zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Baugewerbe mit dem Thema „Digitalisierung im Bauwesen – Veränderungen in Studium und Ausbildung“ von Prof. Dr.-Ing. Simon Vilgertshofer - Professur für Bauinformatik, Bauingenieurwesen / Civil Engineering an der HM Hochschule München University of Applied Sciences.
Die Stiftung Berufsförderung des Bayerischen Baugewerbes schreibt seit 2009 jährlich den Hochschulpreis des Bayerischen Baugewerbes aus. Seit 2014 werden die ausgezeichneten Arbeiten in einer Broschüre veröffentlicht. Die Broschüren stehen auf unserer Website der Öffentlichkeit zum Download zur Verfügung.